Liebes Tagebuch
Niemand versteht mich. Ich habe das Gefühl, dass mir niemand zuhören möchten. Nach dem Streit, dass ich mir Clara und Lothar hatte, bemerkte ich wie schrecklich ich mich fühle, dass niemand mich ernst nimmt. Ich weiss nicht, ob ich meine Geschichte erzählen soll aber alle müssen es wissen. Ich habe es Lothar und Clara erzählt aber die hören mir nicht zu. Die denken ich sei verrückt oder ich sei anders, weil ich Dinge sehe, welche die anderen nicht sehen. Ich fühle mich missverstanden und vielleicht Du, lieber Leser, der diesen Eintrag findet, kann dieses Gefühl vielleicht verstehen.
Mein Leben besteht heute aus Furcht. Meine Kindheit war schrecklich und trägt dazu bei, dass ich mich heute so wehrlos fühle. Als ich noch ein kleiner Junge war, lebte ich mit meiner Familie und mein Vater lebte damals noch. Ach, wie sehr ich ihn vermisse. Alles begann mit der Geschichte des Sandmannes. Als meine Mutter uns immer zu Bett brachte, sagte sie zu mir, dass der Sandmann kommen würde, wenn wir nicht zu Bett gehen würden. Voll Neugierde, näheres von diesem Sandmann und seiner Beziehung auf die Kinder zu erfahren, fragte ich die alte Dame. Das ist der Beginn einer lang andauernden Geschichte. Er sei ein böser Mann, der kommt zu den Kindern, wenn sie nicht zu Bett gehen wollen und wirft ihnen Händevoll Sand in die Augen, dass sie dann blutig zum Kopf herausspringen. Im Innern malte ich sich nun das Bild des grausamen Sandmannes aus.
Einmal hörte ich ein dumpfes Geräusch und fragte meine Mutter, ob es denn den Sandmann gäbe und ob er meinen Vater vertreiben würde. Meine Mutter verneinte die Existenz des Sandmannes. Es dauerte jahrelang bis ich mich an den unheimlichen Spuk gewöhnen konnte, dennoch zeichnete ich den Sandmann, die abscheuliche Gestalt, überall hin.
Als ich zehn Jahre alt war, dass, werde ich niemals vergessen, musste ich immer noch um Punkt neun Uhr ins Bett gehen, wenn sich der Unbekannte im Hause hören ließ. Diese dumpfen Geräusche stammen von dem Unbekannten. Im Zimmer meines Vaters hörte ich, wie er hineintrat. Es war der Sandmann. Er stand in der Mitte des Raumes. Der Sandmann war der alte Advokat Coppelius, der mit uns manchmal zu Mittag ass. Ich versteckte mich, um zu sehen, was da geschah. Es schien mir, als würden sie ein außergewöhnliches Experiment durchführen und als Coppelius schrie, kreischte ich auf und stürzte aus meinem Versteck heraus auf den beleuchteten Boden. Coppelius ergriff mich, riss mich auf und warf mich auf den Herd. Er fasste mich so gewaltig, dass meine Gelenke knackten, schrob mir die Hände und die Füsse ab und setze sie wieder ein. Ich fiel in einen Schlaf.
Erst einige Zeit später erwachte ich. Ich war traumatisiert und hatte Angst, dass der Sandmann noch da wäre. Die Geschichte ist damit aber damit nicht zu Ende, denn diese entwickelt sich noch schlimmer. Eines Abends hörte ich Schritte. Es war der Coppelius. Ich weiss noch genau, wie abscheulich er mich mit seinen funkelnden Augen anstarrte und mich anlächelte, so als wäre nichts dergleichen passiert. Ach wie sehr ich ihn verfluche. Er und mein Vater gingen in seine Stube, als ich dann plötzlich Schreie hörte. Ich erhob mich rasch, um so schnell wie möglich ins Zimmer zu gelangen. Die Tür stand offen und Dampf quoll mir entgegen. Mein Vater lag leblos am Boden vor dem dampfenden Herd mit schwarz verbranntem, grässlich verzerrtem Gesicht. Ich stand einfach nur da und sah ihn an, während meine Mutter in Ohnmacht fiel. Eine Explosion sei schuld daran gewesen, dass es diesen Unfall gab. Ich bezweifle jedoch, dass es ein Unfall war. Es war Coppelius und da bin ich mir so sicher wie noch nie.
Diese Geschichte wird Unvergesslich sein und wird mich bis zu meinem Tode begleiten. Oh Coppelius, du verruchter Satan, du hast meinen Vater ermordet. Bis heute kann ich es nicht glauben, was damals geschehen war. Jahre vergingen und heute lebe ich immer noch in voller Angst vor dem Coppelius, der seinen Namen zu Giuseppe Coppola geändert hatte. Manchmal habe ich panische Attacken, denn ich sehe Dinge, die ich wirklich glaube zu sehen und andere sehen diese Dinge als etwas Abnormales. Ich bin mir nicht sicher, aber ich habe das Gefühl, als ob ich irgendwann mal meinen Verstand verlieren werde. Ich weiss nicht wie lange ich das noch aushalten kann und ob ich es überhaupt schaffen werde....
Nathanael